Über Sprachfluss
Über Sprachfluss
Oft stellt gerade die Texterarbeitung (und somit auch die Textkenntnis) das Hauptproblem beim Singen dar. Zwar ist der Melodieverlauf weitestgehend bekannt, dennoch fehlen die entsprechenden Wörter – ungeübte Schüler sind in der Regel noch nicht in der Lage, hier dann entsprechend mit Tonsilben zu improvisieren
Dem kann entgegengewirkt werden, indem Lieder regelmäßig (jedoch keinesfalls immer) über Tonsilbengesang neu eingeführt oder – unter stimmbildnerischem Aspekt – gelegentlich auf Tonsilben gesungen werden, so dass sich diese Form des Singens mit gewisser Geläufigkeit „einschleift“.
In jungen Klassen sollte von daher der Textumfang wohlüberlegt gewählt werden; hier steckt oft die Crux der Liederarbeitung. Oft bietet es sich an, zunächst lediglich den Sprechrhythmus zu erarbeiten, vor allem dann, wenn er nicht dem normalen Sprechfluss entspricht bzw. mit Melismen bestückt ist. Darüber hinaus ist es in der Regel sinnvoller eine Strophe „richtig“ singen zu können, als alle Strophen mehr oder weniger anzureißen.
Die Vorgehensweise hängt maßgeblich vom ausgewählten Lied ab; so können beispielsweise Schüler den Rhythmus von „wir reiten geschwinde …“ in der Regel selbst erarbeiten; bei der „Moorhexe“ benötigen sie auf der anderen Seite etwas Hilfe.
Die „klassische Hilfe“ besteht im Vor- und Nachsprechen. Diese Methode ist weder falsch noch schlecht und hat mit Sicherheit einen nicht zu unterschätzenden Stellenwert. So bemühen sich beispielsweise viele Schüler, die Stimme des Lehrers so gut es geht zu imitieren, sie bemühen sich um gutes Hochdeutsch, um gute Artikulation und ahmen diese – sofern sie auch entsprechend vorgemacht wird – nach. Diesen Aspekt darf man nicht unterschätzen! Dennoch stellt diese Vorgehensweise nur einen (!) Aspekt dar.
Um hier die „Papageienmethode“ zu verhindern (und um in eine Form des „Vom-Blatt-Singen“ einzusteigen), bietet es sich an, den Text graphisch zu bearbeiten.
Der „Code“, den man verwendet ist hierbei egal; wichtig ist, dass die unterschiedlichen Notenwerte bzw. Betonungen erkennbar sind:
Dies könnte eine Möglichkeit sein, eine Pause darzustellen. Wichtig ist in diesem Fall nicht das Symbol oder die Farbe sondern vielmehr die Konvention, welche nach Möglichkeit immer wiederholt und erweitert wird.
Melismen sollte man gesondert kennzeichnen und muss diese auch gesondert üben; anfangs tun sich manche Schüler schwer damit:
Die „reine“ Ausschreibung „Schneeheeflöckchen, jehetzt …“ würde nur zu Irritationen führen.
Ist die Bedeutung erst einmal geklärt und haben die Schüler hierfür ein Gefühl bzw. das Repertoire entwickelt (z.B. rot = lange Note, grün = kurze etc.) sind sie recht früh in der Lage, auf diese Art „vom Blatt“ zu singen, da ein Hauptvorteil dieser Methode darin liegt, dass sich der Lehrer so früh wie möglich aus dem Erarbeiten „herausziehen“ und somit entdeckenlassendes Lernen ermöglicht.
Dies ist übrigens kein „neuer Trick“; Chorleiter werden die Erfahrung gemacht haben, dass sehr viele Laiensänger sich dieser bzw. einer ähnlichen Technik bedienen. Führt man eine solche Methode bereits im ersten Schuljahr ein, so kann im dritten Schuljahr „Schritt für Schritt“ dazu übergegangen werden, die Schüler ihre Texte selbst „präparieren“ zu lassen, in dem sie dem Notenwert entsprechend ihren Liedtext kennzeichnen.
Anfangs sollte man sich auf Lieder mit wenigen verschiedenen Notenwerten begrenzen, um das Bild überschaubar zu halten. Führt man dies konsequent durch, so kann man sehr schnell das Repertoire erweitern.
Diese Methode ist nicht zwingend nur als „Elementar-Primär-Arbeit“ aufzufassen. Gerade in der Hauptschule sieht man sich oft Fünftklässern gegenüber, denen Notenwerte gänzlich fremd sind. Auch hier kann man – in gestraffter Form – mit diesem Ansatz arbeiten, wobei man allerdings beachten sollte, dass die Liedauswahl hierfür (ohne Synkopen und nur etwa drei verschiedene Notenwerte) relativ begrenzt ist.